Nachdem das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) nunmehr (wieder) genutzt werden kann, wäre auch die Einreichung von Schriftsätzen ohne qualifizierte elektronische Signatur möglich, sofern die verantwortende Person (Rechtsanwalt) den Versendevorgang selbst vornimmt (zu den Details siehe hier). In der Organisation vieler Kanzleien ist dies aber nicht praktikabel. Versendet daher das Sekretariat, ist auch weiterhin eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich – gleiches gilt bei der weiter zulässigen Nutzung von EGVP. Zugelassen sind hierbei Signaturen, die unmittelbar an der Datei angebracht werden; die unter EGVP noch sehr gebräuchliche sog. Containersignatur ist dagegen nicht mehr zulässig. Zum Ausschluss der Containersignatur hat sich nach dem OLG Brandenburg und dem Bundessozialgericht nun auch das Bundesarbeitsgericht in einem Beschluss vom 15. August 2018 – 2 AZN 269/18.
Die Form des § 130a Abs. 3 ZPO ist nicht mehr gewahrt, wenn die qeS nur an dem an das EGVP übermittelten Nachrichtencontainer angebracht ist. Diese umfasst dann nicht das einzelne elektronische Dokument, sondern die elektronische Sendung. Diese Übermittlungsform genügt seit dem 1. Januar 2018 nicht (mehr) den Anforderungen des § 130a Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 ZPO iVm. § 4 Abs. 1 Nr. 2 ERVV. Dies gilt auch dann, wenn dem Gericht lediglich ein einziges Dokument übermittelt wird.
Das BAG positioniert sich damit eindeutig gegen die Nutzbarkeit einer Containersignatur im technischen Sinne. Es unterscheidet – wie bereits das BSG und im Gegensatz zum OLG Brandenburg – nicht danach, ob mit dem Nachrichtencontainer nur eine Datei als Anlage übersandt wird oder mehrere.
Im Gegensatz zum OLG Brandenburg hat das BAG keine verfassungsrechtlichen Bedenken:
Die vorstehende Auslegung von § 130a Abs. 2 ZPO sowie § 4 Abs. 1 Nr. 2 ERVV ist mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG und dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Justizgewährungsanspruch vereinbar, weil den Rechtssuchenden zumutbare andere Übermittlungswege zur Verfügung stehen. Insbesondere kann mit einer geeigneten Software das mit einer qeS versehene elektronische Dokument auch über das EGVP übermittelt werden. Eine einschränkende Auslegung des § 4 Abs. 2 ERVV ist deshalb ebenso wenig geboten wie eine teleologische Reduktion von § 130a Abs. 3 ZPO.
Ebenso wie das BSG hält auch das BAG § 130a Abs. 6 ZPO auf Fehler der Signatur nicht für anwendbar:
Die Vorschriften betreffen jedoch bereits nach ihrem Wortlaut nicht die Art und Weise der Übermittlung eines elektronischen Dokuments. Vielmehr regelt § 130a Abs. 6 Satz 1 ZPO nur den Fall, dass ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet ist […]. Danach findet die Eingangsfiktion nur Anwendung auf Formatfehler, dh. Fehler, aufgrund derer ein elektronisches Dokument zur Bearbeitung durch das Gericht nicht geeignet ist
Eine gerichtliche Hinweispflicht erkennt aber auch das BAG:
Eine gerichtliche Hinweispflicht in Bezug auf die nicht ausreichende Übermittlung einer Nichtzulassungsbeschwerde kann aber aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG folgen, die zugunsten der Verfahrensbeteiligten einen Anspruch auf ein faires gerichtliches Verfahren begründen. Die sich daraus ergebende prozessuale Fürsorgepflicht verpflichtet die Gerichte, eine Partei auf einen offenkundigen Formmangel eines bestimmenden Schriftsatzes hinzuweisen. Ein solcher liegt bei der Übermittlung einer Nichtzulassungsbeschwerde durch ein elektronisches Dokument vor, wenn diese – wie vorliegend – mit einer Container-Signatur im EGVP des Bundesarbeitsgerichts eingeht. Ein Verfahrensbeteiligter kann erwarten, dass dieser Vorgang in angemessener Zeit bemerkt wird und innerhalb eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs die notwendigen Maßnahmen getroffen werden, um ein drohendes Fristversäumnis zu vermeiden.
Fehlt ein solcher Hinweis des Gerichts – und dies setzt freilich die entsprechende Rechts- und Sachkunde des Berichterstatters voraus -, kann auch nach der Rechtsprechung des BAG in Übereinstimmung mit dem BSG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Hinweis noch so rechtzeitig ergehen konnte, dass eine Fristwahrung denkbar wäre.
Bei Ausschöpfung der Frist übermitteln Verfahrensbeteiligten daher mit erhöhtem eigenen Risiko und sollten daher ihrerseits über die entsprechenden Kenntnisse hinsichtlich der Voraussetzungen des elektronischen Rechtsverkehrs verfügen.