BGH: Für die Zustellung gegen EB kommt es auf das EB an

Der BGH (v. 17.1.2024 – VII ZB 22/23) musste sich einmal mehr mit der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis im elektronischen Rechtsverkehr beschäftigen. Es war klarzustellen, dass maßgeblich nicht die Rücksendung des EB ist, sondern das Datum, das in ihm eingetragen ist. Für diese Selbstverständlichkeit des Zustellungsrechts, braucht der BGH richtigerweise nicht viele Worte. Für Zustellungsempfänger ist die Entscheidung aber ein (erneuter) Hinweis darauf, sorgfältig die Postausgangs- und Fristkontrolle zu organisieren.

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BVerwG: Entwurf bleibt Entwurf, trotz qeS

Wird bloß ein Entwurf übermittelt, wird die prozessuale Form hierdurch nicht gewahrt. Was allerdings Entwurf ist und was schon ein rechtsverbindlicher Schriftsatz, ist durch Auslegung und durch die Umstände zu ermitteln. Immerhin das BVerwG musste darüber entscheiden, ob eine qualifizierte elektronische Signatur genügt, um ein explizit und besonders großflächig als Entwurf gekennzeichnetes Dokument zur Formwahrung genügen zu lassen (BVerwG v. 21.12.2023 – 2 B 2.23).

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LG Gießen: Elektronische Zustellung auch ohne EB?

Fehlt es an den Voraussetzungen einer wirksamen Zustellung nach § 173 ZPO gilt ein Schriftstück nach § 189 ZPO als zugestellt, wenn (1.) das Schriftstück so in den Machtbereich des Adressaten gelangt, dass er es behalten kann und Gelegenheit zur Kenntnisnahme von dessen Inhalt hat; (2.) Zustellungswille gegeben ist, das heißt eine formgerechte Zustellung vom Gericht wenigstens angestrebt worden ist; sowie (3.) zumindest konkludent ein Empfangswille dokumentiert ist. Das Schriftstück gilt dann nach § 189 ZPO an dem Tag als zugestellt, an dem die vorbenannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hiervon sei im Falle der elektronischen Zustellung, sofern keine technischen Probleme bestehen, zuverlässig innerhalb weniger Minuten auszugehen – meint jedenfalls das LG Gießen (v.  1.12.2023 – 9 O 67/22) und schießt damit über das Ziel hinaus.

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BSG zur anwaltlichen Sorgfalt bei der Kanzleiorganisation

Ein Rechtsanwalt trägt die Verantwortung dafür, dass eine fristwahrende Prozesshandlung vor dem zuständigen Gericht vorgenommen wird, im elektronischen Rechtsverkehr also an das richtige Gericht adressiert wird.
Ein Beteiligter darf zwar darauf vertrauen, dass ein Schriftsatz im ordentlichen Geschäftsgang vom unzuständigen an das zuständige Gericht weitergeleitet wird. Eine generelle Fürsorgepflicht des unzuständigen Gerichts, durch Hinweis oder andere Maßnahmen ein Fristversäumnis zu verhindern, bestehe jedoch nicht. Das hat das BSG mit Beschluss vom 5.10.2023 – B 5 R 61/23 B (veröffentlicht kostenpflichtig bei Juris) nochmals klargestellt.

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BGH zu PIN-Weitergabe und Dateinamen beim beA

Zu den „sprechenden Dateinamen“ hatte sich der BGH schon in der Vergangenheit – viel kritisiert – positioniert. An seinen strengen Anforderungen hält er fest. In dem Verfahren vom 31.8.2023 – VIa ZB 24/22 kam auch noch ein Verstoß gegen § 26 Abs. 1 RAVPV hinzu; in der einreichenden Kanzlei hatte der Berufsträger die beA-Karte und die PIN an seine Mitarbeitenden weitergegeben. Erwartbar wenig Milde ließ der Senat erkennen: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gibt es hier nicht.

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BGH konkretisiert Pflichten zur anwaltlichen Kanzleiorganisation

Sowohl im Rahmen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, als auch bei der Ersatzeinreichung gem. § 130d ZPO kann es auf eine sorgfältige Kanzleiorganisation in Bezug auf Postausgänge des elektronischen Rechtsverkehrs ankommen. Einmal mehr hat der BGH (v. 8. September 2023 – IV ZB 4/23) die hieran zu stellenden Anforderungen konkretisiert.

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BAG: Bearbeitbar ist, was druckbar ist. Auch Word.

Bereits in einem Urteil vom 4. September 2020 – 1 S 29/20 hatte das LG Mannheim großzügig auch die Einreichung einer .docx – Datei, anstelle der eigentlich von § 2 Abs. 1 ERVV geforderten PDF, akzeptiert. Insbesondere das BAG dominierte die Rechtsprechung zu Formfragen seitdem und forderte bislang jedenfalls das Dateiformat PDF stets (BAG, Urteil vom 25.8.2022 – 6 AZR 499/21), nur in anderen Formfragen zeigte sich auch das BAG flexibel und folgte insoweit dem OLG Koblenz. Der BGH entschied mit Beschluss vom 19.10.2022 – 1 StR 262/22 – und folgte dem LG Mannheim. Diesen U-Turn vollzieht nun der 3. Senat des BAG (v. 29. Juni 2023 – 3 AZB 3/23) nach, jedenfalls für führende Papier-Gerichtsakten.

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Aktive Nutzungspflicht: Syndikusrechtsanwälte aufgepasst

Nicht einmal nutzungsberechtigt? „Zwei-Hut-Lehre“? Oder aktive Nutzungspflicht kraft Standesrecht? Ob und inwieweit Syndikusrechtsanwälte zur aktiven Nutzung des ERV verpflichtet und zur Verwendung ihres beA in Vertretung ihres Arbeitgebers waren, war lange heftig umstritten. Besonders brisant war diese Frage für Syndikusrechtsanwälte in prozessvertretenden Arbeitgeber- und Sozialverbänden. Das BAG (v. 23.5.2023 – 10 AZB 18/22) hat den Meinungsstreit nun entschieden: Es besteht stets eine aktive Nutzungspflicht. Im Gegenzug sind Syndikusrechtsanwälte auch berechtigt ihr (Syndikus-)beA für ihren Arbeitgeber zu nutzen.

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LG Köln: Wirksamkeit elektronischer Signaturen durch Erinnerung des Signierenden?

Die Entscheidung des LG Köln v. 4. Mai 2023 – 14 O 297/22 – ist sicher bereits in der Sache spannend genug, geht es doch um die Frage, ob Aufnahmen des Kölner Doms (und anderer historischer Gebäude) für gewerbliche Zwecke zulässig sind. Als Bonus-Frage musste sich die Kammer aber auch mit der Frage beschäftigen, unter welchen Voraussetzungen, die unterschriftsersetzenden qualifizierten elektronischen Signaturen des Spruchkörpers als wirksam angesehen werden können. Die von der Kammer gefundene Antwort hierauf überzeugt aber nicht.

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