Seit dem 1.1.2022 haben sich die Anforderungen an das zulässige Dateiformat im elektronischen Rechtsverkehr deutlich liberalisiert. Auch, wenn die ERVV weiterhin PDF grundsätzlich zwingend vorsieht, lassen viele Gerichte auch abweichende Dateiformate zu, solange das Gericht ohne erhebliche Umstände mit dem übermittelten Dokument arbeiten kann. Eine Excel-Datei mit Passwortschutz im Anhang einer Nachricht, war dem OLG Dresden (v. 5.2.2025 – 5 U 467/24) aber zu viel, weil in diesem Fall der Virenschutz des Gerichts versage.
Sachverhalt
Nach Erlass eines Versäumnisurteils hatte der Klägervertreter den Einspruch an das Gericht übermittelt, in dem er einerseits eine PDF-Datei (Dateiname: „Einspruch_VU_Begründung.pdf“) übersandte. Andererseits enthielt dieselbe Nachricht noch eine Excel-Datei, die passwortgeschützt war.
Die EGVP-Empfangskomponente des Gerichts steuerte die Nachricht deshalb in die „Quarantäne“ aus, weil aufgrund des Passwortschutzes keine Virenkontrolle möglich war. Hierüber informierte der IT-Dienstleister das Gericht und löschte die Nachricht. Der Klägervertreter wurde hierüber am 18.11.2024 informiert. Am 3.12.2024 übersandte der Klägervertreter einen Schriftsatz und beantragte „vorsorglich“ Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dem Schriftsatz war eine Einspruchsschrift mit Datum 18.11.2024 als pdf-Datei in der Anlage beigefügt, die ihrerseits keine qualifizierte elektronische Signatur enthielt. Der Dateiname lautete „Einspruch_VU_Begründung.pdf_1.pdf“. Hierzu führte der Klägervertreter aus, dass er „anliegend unseren Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 06.11.2024 vom 18.11.2024 nochmals zur weiteren Veranlassung“ versende.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das OLG Dresden verwarf den Einspruch als unzulässig. Er sei nicht fristgerecht eingelegt worden.
Die erste Übermittlung sei nicht „zur Bearbeitung im Gericht geeignet gewesen“. Eine passwortgeschützte Datei sei regelmäßig ungeeignet. Der Einspruch sei deshalb prozessual unwirksam gewesen.
„Vorliegend hat der Passwortschutz der in der übersandten Nachricht enthaltenen Excel-Datei nach den von den Parteien unwidersprochen gebliebenen Ausführungen der Leitstelle für Informationstechnologie in der Justiz dazu geführt, dass die gesamte Nachricht mit allen enthaltenen Dokumenten in die Quarantäne ausgesteuert und gelöscht werden musste und eine Bearbeitung der enthaltenen Einzeldokumente und deren inhaltliche Kenntnisnahme nicht möglich war. Damit ist auch die ebenfalls in der Nachricht beigefügte Datei „Einspruch_VU_Begründung.pdf“ betroffen und nicht bearbeitbar im Sinne des § 130a Abs. 2 ZPO. Dass die Datei selbst nicht passwortgeschützt war und im Falle einer Einzelübersendung ohne beigefügte passwortgeschützte Excel-Datei bearbeitbar gewesen wäre, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar nimmt § 130a Abs. 2 ZPO nicht die elektronische „Nachricht“ in den Blick, sondern das darin enthaltene „elektronische Dokument“. Auch dieses ist aber nicht bearbeitbar, wenn die konkrete Art der Übermittlung (hier: in einer gemeinsamen Nachricht mit einer gesonderten passwortgeschützten Datei) dazu führt, dass auch die eigentlich bearbeitbare Datei faktisch nicht mehr bearbeitet werden kann.“
Die spätere Übersendung genüge nicht, für die Eingangsfiktion gem. § 130a Abs. 6 ZPO. Es fehle bereits an der Glaubhaftmachung. Diese wäre mindestens wegen der unterschiedlichen Dateinamen des zuerst und des später eingereichten Dokuments zwingend gewesen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheide wegen des Verschuldens des Klägervertreters aus.
Anmerkung
Problematisch ist hier natürlich, ob es schon genügt, wenn die EGVP-Nachricht nicht ohne Weiteres zu öffnen ist oder, ob für die Frage der Bearbeitbarkeit immer auf die einzelne Datei abgestellt werden muss. Für letzteres spricht der Wortlaut des Gesetzes und die Bezugnahme der ERVV auf die jeweils einzelne Datei. Nach dem Sinn und Zweck der Norm kommt es richtigerweise aber stets letztlich darauf an, ob das Gericht den jeweils prozessual relevanten Inhalt zur Kenntnis nehmen kann. Unterstellt, dass dies dem OLG Dresden hier vorliegend nicht möglich war (wobei die schnelle Löschung durch den IT-Dienstleister hier sehr rigoros erscheint), wäre die Entscheidung deshalb wohl richtig.