Justizcloud: Viele Fragezeichen rund um die gute Idee

Es wird nicht zu Unrecht kritisiert, dass der elektronische Rechtsverkehr, wie er heute u.a. in § 130a ZPO normiert ist, letztlich die Postkutsche digitalisiert. Statt Briefen werden PDF versandt. Das ist weder besonders innovativ, noch wird das Potential eines strukturierten Datenaustauschs genutzt, solange die Inhalte vorwiegend in individuell formulierter Textform übermittelt werden. Das Bundesjustizministerium (BMJ) möchte deshalb das Konzept des elektronischen Rechtsverkehrs reformieren und durch eine zentrale Datenspeicherung und den Datenzugriff darauf ersetzen, ferner hieran Online-Dienstleistungen für den Justizzugang der Bürgerinnen und Bürger einbetten. Das (neue) Zauberwort lautet Justizcloud.

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OLG Hamm: Passive Nutzungspflicht für Sachverständige

Bundesweit arbeiten immer mehr Gerichte mit elektronischen Gerichtsakten, der elektronische Rechtsverkehr mit den Verfahrensbeteiligten ist selbstverständlich geworden. Indes finden sich immer noch nur wenige Sachverständige, die ihre Gutachten in elektronischer Form vor. Das OLG Hamm (v. 1.7.2024 – 22 U 15/24) leitet aber nun aus § 173 Abs. 2 Nr. 1 ZPO jedenfalls eine passive Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs für einige Sachverständige ab – die Folge ist, dass eine Verpflichtung besteht, einen sicheren Übermittlungsweg i.S.d. § 130a Abs. 4 ZPO bereit zu halten.

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Elektronisches Verwaltungsverfahren mit Ärzten mittels KIM

Anders als im elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten, sind die zugelassenen Übermittlungswege im Verwaltungsverfahren nicht bereits im Gesetz definiert. Hier kommen deshalb nicht nur beA/beBPo einerseits oder E-Mail andererseits in Betracht, sondern auch exotischere Kommunikationswege sind denkbar. Gerade im medizinischen Bereich wurde mit der Telematikinfrastruktur (TI) in den letzten Jahren eine eigene, sichere Kommunikationsinfrastruktur aufgebaut, die ohne Weiteres auch im elektronischen Verwaltungsverfahren zwischen den angeschlossenen Beteiligten genutzt werden kann.

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BGH zur enveloping Signatur

Die enveloping Signatur spielt in der „freien Wildbahn“ kaum eine Rolle. Sie wird praktisch nie verwendet. Nun hat sie es aber dennoch zum BGH 15.5.2024 (VIII ZR 52/23) gebracht, der sich zu einer mit ihr signierten Berufungsschrift zu äußern hatte. Zur Überraschung der Fachwelt hält der BGH die Berufungsschrift für prozessual wirksam. Könne das Gericht mit dem Dokument tatsächlich arbeiten, sei der Ausschluss in § 5 I Nr. 5 ERVV, Nr. 5 2. ERVB 2022 unverhältnismäßig.

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OLG Saarland: Technische Probleme bei der Übermittlung der Gerichtsakte verhindern nicht Verweisung

Dass die Justiz in Deutschland nicht nur eines, sondern – je nach Bundesland – unterschiedliche eAkten-Systeme in den Gerichten einführt, wurde schon bisher selten als besondere Errungenschaft angesehen. Vor allem bei der Verweisung von elektronisch geführten Gerichtsverfahren können sich Probleme ergeben. So offenbar auch beim LG Nürnberg-Fürth  (v. 12.3.2024 – 20 O 255/24) aufgrund einer Verweisung des LG Saarbrücken. Es brauchte deshalb das Saarländische OLG (v. 23.4.2024 – 5 Sa 1/24), um Klarheit zu schaffen, dass derartige technische Probleme nicht geeignet sind, eine rechtskräftige Verweisung des Rechtsstreits zu verhindern.

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Finanzämter bald nicht mehr mittels beA erreichbar? – Entwarnung

Zu einem Aufschrei führt aktuell zurecht der Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums (BMF) eines Jahressteuergesetzes 2024 (JStG 2024). Dadurch soll § 87a AO geändert werden, mit der Folge, dass das beBPo der Finanzämter bald nur noch ausnahmsweise genutzt werden darf. Damit wären Steuerberaterinnen und Steuerberater mit ihrem beSt sowie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte mit ihrem beA im Besteuerungsverfahren bald darin gehindert, die Finanzämter zu erreichen. Update: In dem Regierungsentwurf ist das noch im Referentenentwurf enthaltene Vorhaben nicht mehr enthalten.

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Diskussionsentwurf des BMJ zu einer Behördenaktenübermittlungsverordnung

Die Bedeutung der Beiziehung der Behördenakten für die öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit sowohl rechtlich, als auch arbeitspraktisch ist immens. Probleme der Übersendung von Behördenakten können unter Beweisgesichtspunkten zu einer Verkürzung der Amtsermittlungsmöglichkeiten des Gerichts und ggf. zu Verkürzung von Rechtsschutzmöglichkeiten führen. Im Arbeitsalltag führen hier verortete Probleme zu erheblichen Ineffizienzen. Der Gesetz- bzw. der Verordnungsgeber nimmt sich nun dieser Thematik mit einem Diskussionsentwurf zu einer Behördenaktenübermittlungsverordnung (BehAktÜbV). Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Der nun vorgelegte Entwurf ist indes in weiten Teilen misslungen, jedenfalls ungeeignet, das vorliegende Problem zu lösen. Zu begrüßen ist alleine, dass der xJustiz-Standard als Regelfall der Übermittlung von Behördenakten in den Blick genommen wird. Die angestoßene Diskussion sollte deshalb (zunächst) weitergehen und der Entwurf nachgebessert werden.

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OLG Düsseldorf: Ein Urteil im Zwischenspeicher ist noch nicht abgesetzt

Die Einführung elektronischer Akten ist nicht nur ein Technikprojekt, sondern vor allem ein Organisationsprojekt – eine abgedroschene Binsenweisheit des Einführungsmanagements. Die mit dem Technikeinsatz verbundene Änderung des Arbeitsweise muss aber durchdacht und gut eingeübt sein, sonst hat sie schnell rechtliche Konsequenzen. Dies bekam in einem Fall des OLG Düsseldorf (v. 4. Juli 2023 – 3 RBs 10/23) das AG Wuppertal zu spüren.

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BGH zum Auseinanderfallen von qeS und einfacher Signatur

Zu Fällen in denen die einfache Signatur und die qualifizierte elektronische Signatur sich auf unterschiedliche Personen bezogen, hatten sich zuvor schon das BAG und das BayObLG positioniert – und waren unterschiedlicher Meinung. Nun hat auch der BGH (v. 28.2.2024 – IX ZB 30/23) hierzu entschieden. Dahinter steckt die dogmatische Frage, ob die alternativen Formen des § 130a Abs. 3 ZPO gleichberechtigt nebeneinander stehen. Der BGH hat sich auf die Seite des BAG geschlagen.

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