Sorry we’re closed: Rückmeldungen zum ERV nur innerhalb der Dienstzeiten

Der elektronische Rechtsverkehr beschleunigt den Schriftwechsel zwischen Gerichten und Verfahrensbeteiligten immens. Rechtsschutz „rund um die Uhr“ ist damit aber nicht verbunden. Auch in digitaler Form können richterliche Hinweise oder Rückmeldungen der Justizverwaltung nur während der Dienstzeiten erwartet werden.

In seinem Beschluss vom 13. September 2016 (B 5 RS 30/16 B) berichtet das Bundessozialgericht (BSG) von einem Fall, der im elektronischen Rechtsverkehr (noch?) recht häufig vorkommt: Der schriftformbedürftige Schriftsatz war nicht nur in einem Format eingereicht worden, das nach der einschlägigen ERV-Rechtsverordnung (in diesem Fall gem. § 65a SGG – der sozialgerichtlichen Entsprechung des § 130a ZPO) nicht zulässig war – der Rechtsanwalt hatte zudem die Frist bis zum letzten Tag ausgeschöpft. Der Schriftsatz erreichte das BSG um 18.35 Uhr – „außerhalb der Dienstzeiten des BSG“, wie das Gericht feststellt.

Die Folgen – hier die Unzulässigkeit der eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde – trägt der Rechtsanwalt (bzw. wohl seine Haftpflichtversicherung): Zwar hat das BSG ihn nicht gem. § 65a Abs. 2 Satz 3 SGG (entspricht § 130a Abs. 1 Satz 3 ZPO in der derzeit gültigen Fassung; § 130a Abs. 6 ZPO in der Fassung ab 1. Januar 2018) unverzüglich auf die Unwirksamkeit des Eingangs hingewiesen. Dies sei jedoch unschädlich und führe insbesondere nicht zu einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, denn die Unterrichtung sei erst wieder am nächsten Arbeitstag – zu den Dienstzeiten des Gerichts also – möglich gewesen. Dann sei aber die Einlegungsfrist abgelaufen gewesen. Ursächlich für die Versäumung der Begründungsfrist sei mithin allein das Verhalten des Prozessbevollmächtigten gewesen, nicht hingegen eine etwaige Verletzung der Fürsorgepflicht des Gerichts.

Im Übrigen verweist das BSG nochmals aus einen in der Rechtsprechung immer wieder wiederholten Satz zur Fristausschöpfung: Je näher das Fristende rückt, desto höher wird die Sorgfaltspflicht des Verfahrensbeteiligten, selbst darauf zu achten, dass die Übermittlung noch rechtzeitig und wirksam innerhalb der Frist erfolgt.

Autor: Prof. Dr. Henning Müller

Direktor des Sozialgerichts