Sozialgerichte sind nicht für eine besondere Formstrenge bekannt. Gem. § 92 Abs. 1 SGG gilt sogar, dass eine Klage, die in Schriftform eingereicht wird, nur unterschrieben sein „soll“. Dieses „soll“ wird von der Rechtsprechung sehr großzügig ausgelegt – keinesfalls als „muss“. Spannend ist daher, wie die Sozialgerichte erster Instanz diese gelebte Praxis in die digitale Welt transferieren. Einen ersten Vorstoß wagt das SG Dresden in einem Urteil vom 24. Oktober 2018 – S 40 AS 178/18.
In einem Rechtsstreit über Leistungen nach dem SGB II hatte der unvertretene Kläger zunächst nur mit einfacher Signatur über das EGVP Klage erhoben. Auf den Hinweis des Gerichts, dass hierdurch die Form nicht gewahrt wird, hat der Kläger erneut einen Schriftsatz per EGVP geschickt – diesmal mit fortgeschrittener elektronischer Signatur.
Das SG Dresden hat darauf die Klage als unzulässig abgewiesen. Als Naturpartei hätte der Kläger nur zwei Möglichkeiten der Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr:
- die absenderauthentifizierte De-Mail gem. § 65a Abs. 4 Nr. 1 SGG,
- das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach gem. § 65a Abs. 3 SGG.
Während bei der Nutzung von De-Mail richtigerweise auf die qualifizierte elektronische Signatur hätte verzichtet werden können, hätte der Kläger bei Nutzung von EGVP eine qualifizierte elektronische Signatur anbringen müssen.
Hieran ändere auch nichts, dass die Klage in ihrer schriftlichen Form gem. § 92 Abs. 1 Satz 3 SGG keiner Unterschrift benötigt hätte. Die elektronische Form sei etwas anderes als die Schriftform und die elektronische Signatur ersetze nicht schlicht die eigenhändige Unterschrift. Der Gesetzgeber habe mit der elektronischen Form eine eigene – eine neue – Form „als Gegenstück zur Schriftform“ aufstellen wollen.