Massenverfahren und eEB: Das voluntative Element des EB kann auch mühevoll sein

Das elektronische Empfangsbekenntnis (eEB) als maschinenlesbare – und damit einer Automatisierung zugänglichen – neuen Form des Empfangsbekenntnisses ist nicht nur eine gute Idee, um einerseits der anwaltlichen Forderung nach einem voluntativen Element im Zustellungsrecht nachzukommen, sondern auch um eine weitgehende Automatisierung der Zustellungsüberwachung umzusetzen. In Einzelfällen, kann es aber auch zur Mehraufwänden führen – so bspw. in Massenverfahren.

In zahlreichen Konstellationen haben Gerichte Massenverfahren abzuarbeiten und haben hierfür Mittel und Wege gefunden, die Aufwände in der Zustellung der „Massenentscheidungen“ möglichst gering zu halten. Beispielsweise in den sog. „NC-Verfahren“, den verwaltungsgerichtlichen Verfahre um die Zulassung zu einem reglementierten Hochschulstudienplatzes, hat sich Praxis ausgeprägt, in Verfahren gegen eine bestimmte Hochschule, in denen zahlreiche – teilweise hunderte – Studierende von nur einem Rechtsanwalt vertreten werden, diesem Rechtsanwalt nur eine „Sammel“-Entscheidung gegen ein „Sammel-EB“ zuzustellen oder ihm jedenfalls sämtliche Einzelentscheidungen nur gegen ein „Sammel-EB“ zu übersenden. In beiden Konstellationen wird sowohl der Arbeitsaufwand für den Rechtsanwalt als auch für die Hochschule als Beklagte und das die Zustellung und Rechtskraft überwachende Gericht möglichst gering gehalten: Es ist nur jeweils ein Empfangsbekenntnis auszufüllen und bei Gericht nur jeweils ein Datum von diesem zu übertragen.

Im elektronischen Rechtsverkehr wird dies ab 1. Januar 2018 nicht mehr so einfach sein. Gem. § 174 Abs. 4 Satz 3 – 5 ZPO dient dem Nachweis der Zustellung auf elektronischem Wege ab dem 1. Januar 2018 das elektronische Empfangsbekenntnis (eEB). Es ist vom Zustellungsempfänger in strukturierter maschinenlesbarer Form zu übermitteln. Hierfür ist ein vom Gericht mit der Zustellung zur Verfügung gestellter strukturierter Datensatz zu nutzen. Den Aufbau dieses Datensatzes, das sog. Schema, gibt das xJustiz-Fachmodul XJustiz.EBB vor. Der Aufbau dieses Schemas ist unter www.xjustiz.de veröffentlicht.

Mit diesem eEB ist der Nachweis der Zustellung für mehrere Verfahren gleichzeitig aber (bisher) weder technisch noch rechtlich vorgesehen. Rechtlich spricht (jedenfalls mittelbar) dagegen der neue § 2 Abs. 2 Nr. 2 der bundesweiten ERV-RVO. Danach „soll“ das Aktenzeichen des Verfahrens in der beschreibenden XML-Datei mitgeteilt werden. Technisch sehen Definition der xJustiz-Schemata es aber auch gar nicht vor, dass insoweit mehrere Aktenzeichen im selben Instanzenzug mitgegeben werden.

Die massenhafte Zustellung wird daher wohl in Zukunft aufwändiger werden, denn die Einzelzustellung jeder einzelnen Entscheidung gegen ein separates eEB muss der Zustellungsempfänger sodann auch einzeln nachweisen – hier wäre es daher weniger mühselig gewesen, wenn man auf ein voluntatives Element (und daher auf einen gesonderten Willensakt – bestätigt durch mindestens einen Mausklick) verzichtet hätte. Evtl. gibt es hier aber auch die Möglichkeit, das Problem durch eine Erweiterung der Rechtsverordnung und der betroffenen xJustiz-Schemata zu beseitigen; dann besteht „nur noch“ der Bedarf für die Entwickler der Justizfachverfahren eine zweckmäßige Stapelverarbeitung zu programmieren.

Autor: Prof. Dr. Henning Müller

Direktor des Sozialgerichts