1.1.2021: Aktive ERV-Nutzungspflicht für die Fachgerichte in Bremen

Mit Pressemitteilung vom 8. Dezember 2020 hat die Senatorin für Justiz und Verfassung der Freien Hansestadt Bremen den Erlass einer Rechtsverordnung über die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs (Verordnung über die Pflicht zur Nutzung des ERV.14366) für die Fachgerichtsbarkeiten mit Ausnahme des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen und der Verwaltungsgerichtsbarkeit zum 1. Januar 2021 publik gemacht. Bremen ist damit nach Schleswig-Holstein, das die aktive Nutzungspflicht bislang (nur) für die Arbeitsgerichtsbarkeit eingeführt hat, das zweite Bundesland, dass den sog. Opt-in zieht.

Persönlicher Anwendungsbereich der aktiven Nutzungspflicht

Konkret gilt nun, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse ab dem 1. Januar 2021 schriftformbedürftige Schriftsätze – insbesondere als Klagen und Anträge – nicht mehr als Brief oder per Telefax, sondern nur noch elektronisch einreichen dürfen.

Nicht von der aktiven Nutzungspflicht erfasst sind dagegen die in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit häufig als Prozessvertreter auftretenden Verbände und Gewerkschaften, Rentenberaterinnen und Rentenberater, sowie nicht anwaltlich vertretene Bürgerinnen und Bürger sowie privatrechtliche Unternehmen (Arbeitgeber). Ebenfalls nicht erfasst sind die Steuerberaterinnen und Steuerberater, die vorwiegend in der Finanzgerichtsbarkeit auftreten.

Dateiformate

Zu beachten sind nunmehr die besonderen Formvorschriften des elektronischen Rechtsverkehrs, die sich gem. § 65a Abs. 2 Satz 2 SGG, § 46c Abs. 2 Satz 2 ArbGG und § 52a Abs. 2 Satz 2 FGO aus der bundesweiten Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr (ERVV) ergeben und den ERVB ergeben.

Zugelassenes Dateiformat ist grundsätzlich PDF in

  • druckbarer,
  • kopierbarer,
  • texterkannter

Form. Zudem sind die besonderen Anforderungen der ERVB einzuhalten. Die PDF-Datei darf also insbesondere keine aktiven Inhalte enthalten und sämtliche verwendeten Schriftarten müssen eingebettet sein.

Zu den Dateiformatvorgaben im Einzelnen siehe hier.

Grundsätzlich empfiehlt sich dringend, Schriftsätze als PDF/A einzureichen. Siehe hierzu im Einzelnen hier. Hierdurch werden die wesentlichen besonderen Formatvorgaben der ERVB eingehalten. Hierzu ergeht gerade vor allem in der Arbeitsgerichtsbarkeit zahlreich neue Rechtsprechung (vgl. bspw. LAG Frankfurt am Main, Beschluss vom 7. September 2020 – 18 Sa 485/20)

Kommunikationswege

Die aktive Nutzungspflicht kann mit sämtlichen zugelassenen elektronischen Übermittlungswegen erfüllt werden, also

  • mit dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA),
  • mit dem besonderen elektronischen Notarspostfach (beN),
  • mit dem besonderen elektronischen Behördenpostfach (beBPo),
  • mittels absenderauthentifizierter De-Mail oder
  • durch das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP).

Selbstverständlich nicht ausreichend ist die Übersendung einer einfachen E-Mail.

Rechtsgrundlagen

  • § 65d SGG,
  • § 52d FGO und
  • § 46g ArbGG (bzw. für das LAG § 130d ZPO)

Weitere Informationen

Siehe zur Einführung der aktiven Nutzungspflicht in Bremen auch Windau, in: zpoblog.de.

Autor: Prof. Dr. Henning Müller

Direktor des Sozialgerichts