LAG Mecklenburg-Vorpommern zur PKH-Antragstellung

Die Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse bei der PKH-Antragstellung ist ein rechtlich immer noch dünnes Eis im elektronischen Rechtsverkehr. Sie teilt das Schicksal mit der Vorlage der Prozessvollmacht. Zur PKH-Erklärung hat sich nun das LAG Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss v. 18.6.2021 – 5 Ta 15/21 – kostenpflichtig) geäußert und vor allem darauf hingewiesen, dass es dem Gericht unbenommen sei, das Original der Erklärung nachzufordern.

Das LAG stellt zunächst den Streitstand dar:

Nach § 114 Abs. 1 ZPO (i. V. m. § 1076, § 1078 ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem Antrag auf Prozesskostenhilfe sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei gemäß § 117 Abs. 4 ZPO ihrer bedienen. Das Formular sieht am Ende neben Angabe von Ort und Datum auch die Unterschrift der Partei oder der Person, die sie gesetzlich vertritt, vor.

Umstritten ist, ob das Formular im Original unterschrieben sein muss oder ob die Übermittlung eines elektronischen Dokuments bzw. eines Telefaxes genügt, sofern feststeht, dass die Erklärung von der Partei stammt. Der Spagat zwischen begrüßenswertem Pragmatismus und rechtlichen Anforderungen ist hier bereits ausführlich anhand einer Entscheidung des Sächsischen LAG dargestellt worden: –> hier.

Unabhängig von der Frage, ob eine fotokopierte oder eingescannte Unterschrift genügen oder ggf. sogar eine Unterschrift entbehrlich sein kann, bleibt es dem Gericht unbenommen, im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens eine Glaubhaftmachung der Angaben zu verlangen, ggf. auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt zu fordern (§ 118 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Eine Glaubhaftmachung kann beispielsweise veranlasst sein, wenn der Antragsteller vorträgt, über keinerlei Einnahmen zu verfügen.

Im vorliegenden Fall hatte das Arbeitsgericht Stralsund zur Glaubhaftmachung die Nachreichung des Originals der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gefordert.

Diese Beauflagung lasse keine Ermessensfehler erkennen, meint das LAG. Dem Arbeitsgericht sei es darum gegangen, eine Zurechnung der Erklärung zum Kläger und dessen ordnungsgemäße Belehrung sicherstellen zu können. Das sei nicht zu beanstanden. Für den Kläger sei diese Auflage weder mit besonderen Kosten noch mit einem nennenswerten Zeitaufwand verbunden. Das Arbeitsgericht habe den Zugang des Klägers zu staatlichem Rechtsschutz dadurch in keiner Weise erschwert, sondern nur etwas eingefordert, was schnell und einfach zu erfüllen sei, während hingegen die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung mit zusätzlichen Kosten verbunden gewesen wäre.

Weiterführende Hinweise:

Specht, PKH-Antrag und -Erklärung – elektronisch?

Specht, Trennungsgebot – elektronischer PKH- und Sachvortrag

Dennis Müller, in jurisPK-ERV (kostenpflichtig)

Instruktiv zur Entscheidung des LAG Sachsen: Tiedemann, jurisPR-ArbR 10/2019 Anm. 7 (kostenpflichtig).

 

Autor: Prof. Dr. Henning Müller

Direktor des Sozialgerichts