BFH: Anwaltliche Sorgfalt auch auf Behörden anwendbar

Dieselben Anforderungen, die an die anwaltliche Sorgfalt zu stellen sind, sind auch an die Behördenorganisation zu stellen. Dies stellt der BFH in einer Entscheidung fest (BFH v. 24.05.2023 – XI R 34/21).

Auch eine Behörde darf nicht ohne Verschulden davon ausgehen, dass die Kontrolle des Erhalts einer Eingangsbestätigung des Gerichts entbehrlich sei. Dies gilt unabhängig davon, ob es verwaltungsintern zur Durchführung dieser Kontrolle angewiesen ist oder nicht. Die Verwaltung kann ihre Sorgfaltspflichten bei der elektronischen Übermittlung von Schriftsätzen an das Gericht nicht selbst durch Verwaltungsanweisungen definieren. Außerdem kann es an sich selbst keine geringeren Anforderungen stellen als an die anderen Beteiligten, die zur elektronischen Übermittlung an das Gericht verpflichtet sind.

Für die elektronische Postausgangskontrolle verlangt die Rechtsprechung vor allem, dass der Erhalt der Eingangsbestätigung gem. § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO kontrolliert wird. Die über das beA versandte Nachricht lässt sich – einzeln – aus dem beA-Webclient exportieren. Die dadurch erzeugte .zip-Datei dient dem Nachweis des erfolgreichen Versands, einschließlich Nachweisen über den versandten Inhalt (die übersandte Datei ist enthalten), den Versandzeitpunkt (die Eingangsbestätigung des Gerichts befindet sich in der Datei „x_export.html“) und eine gültige qualifizierte elektronische Signatur, sofern erforderlich.

Zusammenfassend ergibt sich in Übertragung der Sorgfaltspflichten auf Behörden (inhaltlich) der folgenden Pflichtenkanon:

1. Bei der Ausgangskontrolle ist dem beA-Anwender der Risikobereich bis zum Eingang bei der korrekten Posteingangsschnittstelle beim Intermediär zugewiesen. Der weitere Ablauf liegt außerhalb seines Risikobereichs. Deshalb ist die automatisierte Eingangsbestätigung gem. Absatz 5 Satz 2 zu prüfen und abzuspeichern.

2. Der Anwender muss prüfen, ob seine beA-Nachricht den beabsichtigten Anhang enthalten hat (war überhaupt ein Anhang vorhanden und – anhand des Dateinamens – war der richtige Anhang beigefügt). Entweder beim Speichern oder beim Versenden ist auch der Inhalt der Datei zu prüfen.

3. Der Dateinamen darf keine unzulässigen Zeichen enthalten.

4. Die Übersendung muss an das zutreffend ausgewählte Gericht erfolgen.

Autor: Prof. Dr. Henning Müller

Direktor des Sozialgerichts