Keine Gerichtskosten für beA-Versandfehler

Schon mehrfach wurde in diesem Blog darüber berichtet, dass die Rechtsprechung es als Teil der anwaltlichen Sorgfaltspflichten ansieht, dass dieser die Eingangsbestätigung gem. § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO prüft und hierdurch feststellt, dass das per beA versandte Dokument auch den Empfänger erreicht hat. Zeigt sich hierin ein Fehler, kann sich andererseits der Absender auch auf diese Fehlermeldung verlassen. Dies stellte das LG Düsseldorf in einem Beschluss zur Nichterhebung von Gerichtskosten gem. § 21 GKG im Rahmen einer Erinnerung fest (LG Düsseldorf v. 18.3.2021 – 12 O 297/20).

Gem. § 21 Abs. 1 Satz 1, 3 Gerichtskostengesetz (GKG) werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

Diese Voraussetzung sah im vorliegenden Fall das LG Düsseldorf als gegeben an.

Ein Rechtsanwalt hatte am 18.12.2020 Klage unter Nutzung des beA erhoben. Die von ihm genutzte Anwaltssoftware zeigte die Fehlermeldung „beA Versandfehler: Der Versand des erfolgreich in das beA-Postfach hochgeladenen Dokuments konnte nicht innerhalb der Wartezeit von 10 Minuten verifiziert werden.“. Davon ausgehend, dass hierdurch die Klage nicht wirksam eingereicht worden war, erhob der Rechtsanwalt am 22. 12.2020 „nochmals“ dieselbe Klage. Nachdem offenbar wurde, dass die Klage das Gericht doppelt erreicht hatte und unter zwei Aktenzeichen eingetragen worden war, nahm der Rechtsanwalt die später erhobene Klage – zunächst gerichtsgebührenpflichtig – zurück.

Gegen den Kostenansatz setzte sich der Rechtsanwalt in der Erinnerung erfolgreich zur Wehr.

Letztlich rechnet sich das Gericht dabei zu Recht nicht selbst den technischen Übermittlungsfehler zu. Eine unrichtige Sachbehandlung durch das Gericht gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG lag ja gerade nicht vor. Selbst bei kurz hintereinander eingereichten Klagen ist es bei großen Gerichten je nach Art der Geschäftsverteilung gerade nicht für das Gericht erkennbar, dass die Klage doppelt eingereicht wurde, wohl möglicherweise sowohl in der Posteingangsstelle des Gerichts als auch im richterlichen Bereich unterschiedliche Personen mit der Bearbeitung beschäftigt sein könnten.

Das Gericht geht aber davon aus, dass die Unkenntnis des Einreichers darüber, dass schon die erste Übersendung erfolgreich war, als unverschuldet angesehen werden muss. Es sah daher gem. § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG von der Kostenerhebung ab.

Zwar ist die zurückerhaltende Fehlermeldung begrifflich nicht eindeutig, insbesondere nicht dahingehend, dass der Versand insgesamt misslungen ist. Dennoch meint das Gericht, dass der Einreicher nicht damit habe rechnen müssen. Es schraubt damit hinsichtlich der Gebühren die im Rahmen der Wiedereinsetzungsregeln von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen zurück: Nach dem Beschluss des LG Düsseldorf dürfte sich der Einreicher nun doch nur auf die Versandmeldung stützen. Die Eingangsbestätigung gem. § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO dürfte ihm dagegen auch für die erste Klage angezeigt haben, dass die Übermittlung tatsächlich erfolgreich gewesen ist. Akzeptanzfördernd dürfte die Entscheidung des LG Düsseldorf sein; ob mit so einer großzügigen Ermessensausübung aber generell gerechnet werden kann, ist fraglich – sicherer ist es daher in jedem Fall die Eingangsbestätigung gem. § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO zu prüfen.

Es bietet sich daher ggf. an, bei unklaren Fehlermeldungen und ebenfalls unklarer Eingangsbestätigung das Gericht telefonisch zu kontaktieren. Soll – bspw. wegen der Fristgebundenheit – sicherheitshalber doch „doppelt“ eingereicht werden, empfiehlt es sich zumindest, die zweite Einreichung deutlich als solche zu kennzeichnen.

Siehe auch Blog des Rechtsanwalts Dr. Böse –> hier.

Praxishinweise

Wie die Eingangsbestätigung und die übersandte Nachricht zum Zwecke einer späteren Glaubhaftmachung exportiert werden kann (und sollte), beschreibt die BRAK in mehreren beA-Newslettern (bspw. 27/2019). Natürlich sollte die Eingangsbestätigung dann auch mit dem Wiedereinsetzungsantrag vorgelegt werden.

Die herausgehobene Bedeutung der anwaltlichen Sorgfaltspflichten bei der elektronischen Übersendung auf der anderen Seite, zeigen mittlerweile ebenfalls zahlreiche Entscheidungen auf.

Es gilt daher,

  1. wenn irgendwie möglich, Fristen nicht vollständig auszuschöpfen – auch um dem Gericht zu ermöglichen rechtzeitig seiner Fürsorgepflicht nachzukommen und bspw. rechtzeitig Hinweise auf Formmängel zu erteilen (vgl. Containersignatur-Rechtsprechung der Bundesgerichte).
  2. Die gesendete Nachricht zu exportieren und die Eingangsbestätigung aufzubewahren.
  3. Die Eingangsbestätigung mit dem Wiedereinsetzungsantrag einzureichen.
  4. Den ursprünglich übersandten – aber nicht formwirksamen oder nicht „angekommenen“ – Schriftsatz nochmals einzureichen, um auch die Voraussetzungen des § 130a Abs. 6 ZPO zu wahren.

Autor: Prof. Dr. Henning Müller

Direktor des Sozialgerichts