Das Telefax, besonders als Computerfax, ist eine unter IT-Sicherheits- und Datenschutzgesichtspunkten mittlerweile heftig kritisiert „Brückentechnologie“, die derzeit noch in der Justiz überall dort gebräuchlich ist, wo der elektronische Rechtsverkehr noch nicht zur Verfügung steht oder sich noch nicht durchgesetzt hat. Auch wenn es Zeit wird, dass die letzten Faxgerät ihren Platz im Museum finden; noch muss sich die Rechtsprechung immer wieder mit dessen Formanforderungen beschäftigen, denn gem. § 130 Nr. 6 ZPO ist auch das Telefax ein zugelassener Übermittlungsweg. Nachdem vor Kurzem das VG Dresden sich zu Wort gemeldet hatte, musste nun das Hessische Landessozialgericht eine Entscheidung zur Form einer Telefax-Beschwerde treffen. Streitgegenständlich war hier die Nutzung eines E-Mail- to-Fax – Dienstes (L 6 SF 1/18 DS)
Die Digitalisierung spielt im Arbeitsrecht eine erhebliche gesamtgesellschaftliche Rolle. Gleichzeitig müht sich die Arbeitsgerichtsbarkeit um die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs auf der Grundlage der (Neu-)Regelungen des eJustice-Gesetzes und die Einführung elektronischer Gerichtsakten spätestens zum 1.1.2026 gem. § 46 a I e ArbGG idF des Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs (anschaulich Natter/Haßel, NZA 2017, 1017). Eine besonders exotische Stellung im materiellen und im Prozessrecht nimmt die De-Mail ein. Sie soll im folgenden Beitrag näher betrachtet werden.
Hintergrund:
Im Prozessrecht der Gerichte dient die De-Mail als sog. sicherer Übermittlungsweg gem. § 130a Abs. 4 Nr. 1 ZPO. Sie hat vor allem dort eine herausgehobene Bedeutung, wo ein erheblicher Anteil der „professionellen Verfahrensbeteiligten“ aus den prozessvertretenden Verbänden und Gewerkschaften nicht über eine Rechtsanwaltszulassung und damit auch nicht über ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) verfügen. Dies betrifft vor allem die Arbeits- und die Sozialgerichtsbarkeit. Die Prüfung der Form- und Fristanforderungen stellt in den Gerichten aber teilweise noch eine Herausforderung dar.
Der seit 2012 verfügbare Kommunikationsdienst De-Mail ist ein Verfahren zum Austausch von Nachrichten, das anders als das in der Justiz – sonst aber praktisch nirgendwo – verbreitete Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) auf E-Mail – Protokollen beruht. Im Gegensatz zu klassischen E-Mails wird die De-Mail auf der Übertragungsstrecke zwischen dem De-Mail – Provider des Absenders und dem des Empfängers verschlüsselt übertragen. In der Vergangenheit war die De-Mail als „gesicherte Kommunikation“ in der Kritik; dennoch hat der Gesetzgeber sie in den Kreis der sog. „sicheren Übermittlungswege“ gem. § 130a Abs. 4 ZPO aufgenommen.
Die Digitalisierung der Justiz im Rahmen des sog. eJustice-Prozesses führte noch vor wenigen Jahren ein Nischendasein. Ende 2018 befindet sich die Justiz dagegen in der Mitte einer gewaltigen Veränderung des Prozessrechts und der Arbeitswirklichkeit. Vieles lässt sich erst erahnen, ist erst in der Planung und hat die Fläche noch nicht erreicht. Andere Aspekte dagegen betreffen bereits gegenwärtig einzelne Verfahren und nicht wenige Verfahrensbeteiligte machen schmerzhafte Erfahrungen, weil Klagen unzulässig sind, wenn die neuen Form- und Fristanforderungen nicht beachtet werden. Im Beitrag „eJustice – Der elektronische Rechtsverkehr tritt aus der Nische“ (JuS 2018, 1193 ff.) wird das neue Verfahrensrecht für den elektronischen Rechtsverkehr vorgestellt und damit der Beitrag „eJustice – Die Justiz wird digital“ (JuS 2015, 609 ff.) fortgeführt. Zielgruppe sind insbesondere Referendare – auch, aber nicht nur, in der Vorbereitung zur mündlichen Prüfung.
Weitere Publikationen zum elektronischen Rechtsverkehr finden sich hier.
Die Beck-Aktuell – Nachrichten informieren heute darüber, dass das ArbG Lübeck in einem Hinweis mitgeteilt hat, dass es nicht genüge, dass ein formbedürftiges Dokument das Gericht über einen sicheren Übermittlungsweg gem. § 130a Abs. 4 ZPO erreicht. Es sei zudem erforderlich, dass es von dem verantwortenden Rechtsanwalt selbst mittels beA an das Gericht übermittelt wird – nicht von einem anderen Rechtsanwalt.
„Dem Begriff des elektronischen Dokuments kommt eine sehr breite umfassende Bedeutung zu […]. Er erfasst jegliche Erscheinungsform der elektronischen Bearbeitung bei der Verwendung von Texten/ Dokumenten, sei es deren Herstellung oder sei es deren Übermittlung an das Gericht als Erklärungsempfänger„, meint das VG Dresden in einem Urteil vom 2. Oktober 2018 – 2 K 302/18. Und subsumiert deshalb auch an das Gericht übermittelte Telefaxe unter den in § 55a VwGO (entspricht § 130a ZPO) verwendeten Begriff, mit der Folge, dass zur Formwahrung eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich wäre. Diese Einschätzung ist vor allem im Ergebnis kaum haltbar.
Sozialgerichte sind nicht für eine besondere Formstrenge bekannt. Gem. § 92 Abs. 1 SGG gilt sogar, dass eine Klage, die in Schriftform eingereicht wird, nur unterschrieben sein „soll“. Dieses „soll“ wird von der Rechtsprechung sehr großzügig ausgelegt – keinesfalls als „muss“. Spannend ist daher, wie die Sozialgerichte erster Instanz diese gelebte Praxis in die digitale Welt transferieren. Einen ersten Vorstoß wagt das SG Dresden in einem Urteil vom 24. Oktober 2018 – S 40 AS 178/18.
Viele Gerichte, vor allem in den Fachgerichtsbarkeiten, stellen seit dem beA-Neustart nun auch förmlich elektronisch zu. Die Zustellungen erfolgen gem. § 174 Abs. 3, 4 ZPO stets gegen elektronisches Empfangsbekenntnis (eEB). Eine (aktive) Mitwirkung an der Zustellung durch den zustellungsempfangenden Rechtsanwalt ist daher erforderlich. Panik ist aber ebensowenig angebracht, wie den Kopf in den Sand zu stecken oder das Faxgerät anzuwerfen. Tatsächlich muss man vor dem Abgeben eines eEB nicht nur keine Angst haben, es ist sogar sowohl für den Zustellenden als auch für den Zustellungsempfänger eine große Arbeitserleichterung.
Webinar vom 19.10.2018, Referenten Dr. Henning Müller (Richter am hessischen Landessozialgericht) und Uwe Möller (verantwortlicher Entwickler EUREKA-Fach)
Im Prozessrecht der Gerichte dient die De-Mail als sog. sicherer Übermittlungsweg gem. § 130a Abs. 4 Nr. 1 ZPO. Sie hat vor allem dort eine herausgehobene Bedeutung, wo ein erheblicher Anteil der „professionellen Verfahrensbeteiligten“ aus den prozessvertretenden Verbänden und Gewerkschaften nicht über eine Rechtsanwaltszulassung und damit auch nicht über ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) verfügen. Dies betrifft vor allem die Arbeits- und die Sozialgerichtsbarkeit. Die Prüfung der Form- und Fristanforderungen stellt in den Gerichten aber teilweise noch eine Herausforderung dar.
Die Postfächer des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) besitzen eine eindeutige SAFE-ID, die stets mit DE.BRAK beginnt. Hierdurch ist – im Gegensatz zu SAFE-IDs von bspw. besonderen Behördenpostfächern – leicht erkennbar, dass der Absender einer Nachricht ein beA-Postfach genutzt hat. Die DE.BRAK – SAFE-ID alleine genügt aber nicht als Hinweis darauf, ob das beA auch als sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO verwendet wurde. Hierfür ist das Vorliegen eines Vertrauenswürdigen Herkunftsnachweises (VHN) das einzige Unterscheidungsmerkmal. Die Unterscheidung ist zentral, weil nur bei sicheren Übermittlungswegenformwahrend auch ohne qualifizierte elektronische Signatur (qeS) kommuniziert werden darf.