BGH hält an „ERV light“ fest: Entscheidet der Wachtmeister über die Zulässigkeit?

Folgt man der Rechtsprechung des BGH zu ausgedruckten elektronischen Dokumenten, könnte das Verhalten der Wachtmeisterei entscheidend dafür sein, ob ein Rechtsmittel zulässig ist oder nicht: Die hier bereits kritisierte „ERV light“-Rechtsprechung des BGH hat das Gericht in einem aktuellen Beschluss vom 8. Mai 2019 – XII ZB 8/19 – nochmals aufgegriffen und bestätigt.

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BGH zum beA für Rechtsanwalts-GmbH

Mit dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) gemäß §§ 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO, 31a BRAO erhalten alle Rechtsanwälte aufgrund ihrer Zulassung aufbauend auf der EGVP-Infrastruktur kraft Gesetzes ein persönliches elektronisches Postfach als sicheren Übermittlungsweg. Rechtsanwaltsgesellschaften – insbesondere die recht beliebte Rechtsanwalts-GmbH – gehen dagegen bislang leer aus. Hiergegen richtete sich eine Klage vor dem Anwaltsgerichtshofs des Landes Berlin (1 AGH 10/17), die nun in der Berufungsinstanz vom BGH entschieden wurde (Urteil vom 6. Mai 2019 –  AnwZ (Brfg) 69/18).

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E-Mail wahrt auch über Umwege nicht die elektronische Form

Der elektronische Rechtsverkehr kennt derzeit drei Möglichkeiten der formwirksamen Einreichung:

  • Per EGVP (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 ERVV): Dann mit qualifizierter elektronischer Signatur der verantwortenden Person.
  • Auf einem sicheren Übermittlungsweg (§ 130a Abs. 4 ZPO) durch die verantwortende Person selbst (bspw. beim beA den Rechtsanwalt): Dann genügt die einfache Signatur der verantwortenden Person.
  • Unter Nutzung eines sicheren Übermittlungswegs (§ 130a Abs. 4 ZPO) durch eine andere, als die verantwortende Person selbst (bspw. das Sekretariat der Kanzlei): Dann mit qualifizierter elektronischer Signatur der verantwortenden Person.

Nicht formwahrend ist also die Einreichung mit einfacher E-Mail. Das gilt auch dann, wenn sie auf dem Umweg über eine Behörde den Weg zu einer öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit gefunden hat – das sieht auch das FG Hamburg so: Gerichtsbescheid vom 22. Januar 2019 – 2 K 212/18.

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Sächsisches LAG: Elektronische Übermittlung der PKH-Formulare möglich

Der elektronische Rechtsverkehr mit der Rechtsanwaltschaft unter Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) nimmt Fahrt auf. Zunehmend stellen sich bei den Gerichten deshalb auch ganz praktische Detailfragen. Hierzu gehört auch die Frage nach den Möglichkeiten der elektronischen Übermittlung der Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse bei der Beantragung von PKH. Hierüber hat nun auch das Sächsische LAG in einem Beschluss vom 25. Oktober 2018 – 4 Ta 52/18 entschieden.

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Keine Zweifel an behördlicher eAkte beim OVG NRW

Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung ist bei zahlreichen Behörden bereits heute Realität und schreitet weiter fort. Bürger, Prozessvertreter und auch die öffentlich-rechtlichen Fachgerichte müssen sich auf die damit verbundenen Veränderungen einstellen. Elektronische Verwaltungsakten werden vermehrt Gegenstand von Prozessen – zumeist als beigezogene Behördenakten gem. § 99 VwGO, § 104 S. 5, 6 SGG oder – wie hier in einem Beschluss des OVG NRW vom 17. Dezember 2018 – 1 A 203/17 – als eigentlicher Streitgegenstand. Fast immer im Fokus des Streits ist die Skepsis bezüglich der Vollständigkeit der elektronischen Akten.

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LAG Hessen zu ERVV-Fehlern: Wiedereinsetzung ist nicht selbstverständlich

Die zur unzulässigen Containersignatur ergangene Rechtsprechung des BSG und des BAG war zwar jeweils hinsichtlich der Einhaltung der nach der ERVV vorgeschriebenen Form (in diesen Fällen der Art der qualifizierten elektronischen Signatur) streng. Beide Gerichte waren aber großzügig im Hinblick auf die Gewährung von Wiedereinsetzung. Dabei setzten sich die Gerichte insbesondere damit auseinander, ob den formfehlerhaft einreichenden Rechtssuchenden ein Verschulden trifft; insoweit gingen die Gerichte davon aus, dass ein Verschulden nur dann anzunehmen ist, wenn andererseits das Gericht seinen Hinweis- und Hinwirkungspflichten sorgfältig nachgekommen ist. Das Hessische Landesarbeitsgericht setzt sich in einem Urteil vom 18. Oktober 2018 – 11 Sa 70/18 einerseits mit den Anforderungen an die richterliche Hinweispflicht auseinander, zum anderen nimmt es aber auch kritisch in den Blick, ob die Rechtsunkenntnis der ERVV alleine überhaupt geeignet ist, einen Wiedereinsetzungsgrund darzustellen.

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OLG München: Kein signiertes Protokoll, kein Urteil

Das Landgericht Landshut war eines der ersten Gerichte in Deutschland mit führenden elektronischen Akten. Klar ist, dass bei so einem Pilotprojekt auch einmal etwas schief läuft: Hier die Niederschrift über eine Urteilsverkündung. Dieser fehlte die qualifizierte elektronische Signatur. Die Folge nach über fünf Monaten: Ein Nichturteil – und damit ein (noch) nicht abgeschlossenes erstinstanzliches Verfahren.

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LSG Darmstadt: Computerfax darf nicht strenge Voraussetzungen des ERV umgehen.

Das Telefax, besonders als Computerfax, ist eine unter IT-Sicherheits- und Datenschutzgesichtspunkten mittlerweile heftig kritisiert „Brückentechnologie“, die derzeit noch in der Justiz überall dort gebräuchlich ist, wo der elektronische Rechtsverkehr noch nicht zur Verfügung steht oder sich noch nicht durchgesetzt hat. Auch wenn es Zeit wird, dass die letzten Faxgerät ihren Platz im Museum finden; noch muss sich die Rechtsprechung immer wieder mit dessen Formanforderungen beschäftigen, denn gem. § 130 Nr. 6 ZPO ist auch das Telefax ein zugelassener Übermittlungsweg. Nachdem vor Kurzem das VG Dresden sich zu Wort gemeldet hatte, musste nun das Hessische Landessozialgericht eine Entscheidung zur Form einer Telefax-Beschwerde treffen. Streitgegenständlich war hier die Nutzung eines E-Mail- to-Fax – Dienstes (L 6 SF 1/18 DS)

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VG Dresden verlangt Fax mit qualifizierter Signatur

Dem Begriff des elektronischen Dokuments kommt eine sehr breite umfassende Bedeutung zu […]. Er erfasst jegliche Erscheinungsform der elektronischen Bearbeitung bei der Verwendung von Texten/ Dokumenten, sei es deren Herstellung oder sei es deren Übermittlung an das Gericht als Erklärungsempfänger„, meint das VG Dresden in einem Urteil vom 2. Oktober 2018 – 2 K 302/18. Und subsumiert deshalb auch an das Gericht übermittelte Telefaxe unter den in § 55a VwGO (entspricht § 130a ZPO) verwendeten Begriff, mit der Folge, dass zur Formwahrung eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich wäre. Diese Einschätzung ist vor allem im Ergebnis kaum haltbar.

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Elektronische Formvorschriften gelten auch für Naturparteien – SG Dresden

Sozialgerichte sind nicht für eine besondere Formstrenge bekannt. Gem. § 92 Abs. 1 SGG gilt sogar, dass eine Klage, die in Schriftform eingereicht wird, nur unterschrieben sein „soll“. Dieses „soll“ wird von der Rechtsprechung sehr großzügig ausgelegt – keinesfalls als „muss“. Spannend ist daher, wie die Sozialgerichte erster Instanz diese gelebte Praxis in die digitale Welt transferieren. Einen ersten Vorstoß wagt das SG Dresden in einem Urteil vom 24. Oktober 2018 – S 40 AS 178/18.

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