BGH konkretisiert Pflichten zur anwaltlichen Kanzleiorganisation

Sowohl im Rahmen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, als auch bei der Ersatzeinreichung gem. § 130d ZPO kann es auf eine sorgfältige Kanzleiorganisation in Bezug auf Postausgänge des elektronischen Rechtsverkehrs ankommen. Einmal mehr hat der BGH (v. 8. September 2023 – IV ZB 4/23) die hieran zu stellenden Anforderungen konkretisiert.

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BAG: Bearbeitbar ist, was druckbar ist. Auch Word.

Bereits in einem Urteil vom 4. September 2020 – 1 S 29/20 hatte das LG Mannheim großzügig auch die Einreichung einer .docx – Datei, anstelle der eigentlich von § 2 Abs. 1 ERVV geforderten PDF, akzeptiert. Insbesondere das BAG dominierte die Rechtsprechung zu Formfragen seitdem und forderte bislang jedenfalls das Dateiformat PDF stets (BAG, Urteil vom 25.8.2022 – 6 AZR 499/21), nur in anderen Formfragen zeigte sich auch das BAG flexibel und folgte insoweit dem OLG Koblenz. Der BGH entschied mit Beschluss vom 19.10.2022 – 1 StR 262/22 – und folgte dem LG Mannheim. Diesen U-Turn vollzieht nun der 3. Senat des BAG (v. 29. Juni 2023 – 3 AZB 3/23) nach, jedenfalls für führende Papier-Gerichtsakten.

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xJustiz-Builder – Interessenabfrage

Insbesondere in öffentlich-rechtlichen Gerichtsverfahren oder zum Zwecke der Akteneinsicht im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren müssen Behörden zunehmend elektronische Akten dem Gericht oder zur Akteneinsicht einem Verfahrensbeteiligten vorlegen. Als ideales Format für den Aktenexport aus eAkten-Systemen hat sich das xJustiz-Format erwiesen. Wir von ervjustiz.de entwickeln aktuell einen xJustiz-Builder für elektronische Akten und Nachrichten.

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Aktive Nutzungspflicht: Syndikusrechtsanwälte aufgepasst

Nicht einmal nutzungsberechtigt? „Zwei-Hut-Lehre“? Oder aktive Nutzungspflicht kraft Standesrecht? Ob und inwieweit Syndikusrechtsanwälte zur aktiven Nutzung des ERV verpflichtet und zur Verwendung ihres beA in Vertretung ihres Arbeitgebers waren, war lange heftig umstritten. Besonders brisant war diese Frage für Syndikusrechtsanwälte in prozessvertretenden Arbeitgeber- und Sozialverbänden. Das BAG (v. 23.5.2023 – 10 AZB 18/22) hat den Meinungsstreit nun entschieden: Es besteht stets eine aktive Nutzungspflicht. Im Gegenzug sind Syndikusrechtsanwälte auch berechtigt ihr (Syndikus-)beA für ihren Arbeitgeber zu nutzen.

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LG Köln: Wirksamkeit elektronischer Signaturen durch Erinnerung des Signierenden?

Die Entscheidung des LG Köln v. 4. Mai 2023 – 14 O 297/22 – ist sicher bereits in der Sache spannend genug, geht es doch um die Frage, ob Aufnahmen des Kölner Doms (und anderer historischer Gebäude) für gewerbliche Zwecke zulässig sind. Als Bonus-Frage musste sich die Kammer aber auch mit der Frage beschäftigen, unter welchen Voraussetzungen, die unterschriftsersetzenden qualifizierten elektronischen Signaturen des Spruchkörpers als wirksam angesehen werden können. Die von der Kammer gefundene Antwort hierauf überzeugt aber nicht.

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BFH: Aktive Nutzungspflicht für Steuerberater bestand seit 1.1.2023

Wahrscheinlich eine bittere Entscheidung für einige Steuerberaterinnen und Steuerberater hat der BFH am 28.4.2023 (XI B 101/22) getroffen. Die aktive Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs gem. § 52d FGO mit dem besonderen elektronischen Steuerberaterpostfach (beSt) bestand für sie bereits zum 1.1.2023. In der Rechtsprechung und Literatur war dies bisher umstritten, weil die Registrierungsbriefe teilweise deutlich später versandt wurden.

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Bayerisches LSG: Ein Stempel macht noch keinen Eingang

§ 130a Abs. 5 S. 1 ZPO (= § 65a Abs. 5 S. 1 SGG) ist eindeutig: Es kommt auf den elektronischen Eingang „auf der Empfangseinrichtung des Gerichts an“. Ob das Gericht auch einen Eingangsstempel angebracht hat, ist dagegen unerheblich. Das gilt erst Recht, wenn der Stempel das falsche Datum ausweist. Mit einem solchen Fall musste sich das Bayerische LSG (v. 30.3.2023 – L 4 P 76/22) beschäftigen und wies auf die Berufung das Verfahren zur erneuten Entscheidung in die ersten Instanz zurück

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Darlegungslast für Scankonzept liegt bei der Behörde

Führt die Behörde ihre Akten ganz oder teilweise elektronisch, legt sie selbst erstellte oder elektronisch eingesandte Dokumente (rechtssicher) ab. Eingehende Papierdokumente müssen dann eingescannt werden. Im Rahmen rechtlicher Streitigkeiten dienen diese Dokumente dann dem Beweis der tatsächlichen Vorgänge. Hierzu legt die Behörde ihre Behördenakte dem Gericht vor. Der Scanvorgang ist bei (noch) vorherrschender Papierkorrespondenz im Umfeld elektronischer Akten allerdings ein organisatorisches Nadelöhr und hat auch im Hinblick auf den Beweiswert des Scanergebnisses technisch-organisatorisch hohen Anforderungen zu genügen. Hinsichtlich der Akten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) war es am VG Karlsruhe (v. 21.2.2023 – A 19 K 304/23), zu bestimmen, ob das dort eingesetzte Scanverfahren ausreicht, um den Beweiswert des digitalisierten Papieroriginals zu erhalten.

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BGH: Keine (sofortige) Prüfpflicht der Gerichte auf ERV-Formmängel

Der BGH (v. 19.1.2023 – V ZB 28/22) meint, es sei nicht zu beanstanden, wenn das Gericht erst bei Bearbeitung des Falles und damit nach Ablauf der Fristen die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs und dabei auch die Einhaltung der Form überprüft. Die gerichtliche Fürsorgepflicht gebiete es lediglich, die Partei auf einen leicht erkennbaren Formmangel – wie das vollständige Fehlen einer zur Fristwahrung erforderlichen Unterschrift – hinzuweisen und ihr gegebenenfalls Gelegenheit zu geben, den Fehler fristgerecht zu beheben. Im Rahmen der sog. Containersignatur-Rechtsprechung im Jahr 2018 war der BGH hier noch strenger mit den Gerichten und großzügiger mit den Beteiligten gewesen.

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