OLG Schleswig-Holstein: Mal wieder Postausgangskontrolle

Welche Pflichten treffen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in der Postausgangskontrolle im Hinblick auf den elektronischen Rechtsverkehr. Die Leitplanken hat bereits der BGH vorgegeben. Ein paar neue Details gibt es nun vom OLG Schleswig-Holstein (Beschluss v. 13.10.2022 – 7 U 160/22).

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Zwangsvollstreckungsverfahren nach dem Justizbeitreibungsgesetz: Anlaufschwierigkeiten und eine Gesetzeslücke (?) im elektronischen Rechtsverkehr

Ein Gastbeitrag von OStA Matthias Kegel, Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg. *** Update am 20.06.2023 ***

Weitgehend unbemerkt und abseits der juristischen und praktischen Probleme des ERV in den Prozessordnungen stottert der elektronische Rechtsverkehr seit dem 1. Januar 2022 im Zwangsvollstreckungsverfahren nach dem Justizbeitreibungsgesetz (JBeitrG). Staatsanwaltschaften (§ 459 StPO), Gerichte, Gerichtskassen, weitere Justizbehörden und andere Behörden treiben Forderungen wie Geldstrafen, Geldbußen, Kosten, Ordnungs- und Zwangsgelder und weitere Ansprüche nach den Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes ein. Hierzu erteilen sie den Gerichtsvollziehern gemäß §§ 6 (hier wird der Gerichtsvollzieher in Amtshilfe tätig) und 7 JBeitrG Vollstreckungsaufträge, die den vollstreckbaren Schuldtitel ersetzen.

Mit Beschluss vom 6. April 2023 – I ZB 84/22 – ist der BGH der hier vertretenen Auffassung beigetreten (Pressemitteilung, Entscheidung im Volltext).

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Ersatzeinreichung – Vorübergehende Unmöglichkeit ist darzulegen

Die Ersatzeinreichungsmöglichkeit bei vorübergehender Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung gem. § 130d ZPO erlaubt ausnahmsweise die Übersendung eines Schriftsatzes per Telefax, Briefpost oder Boten – trotz aktiver Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs. Damit das Gericht dies akzeptiert, ist es aber erforderlich, dass die tatsächlichen Umstände jedenfalls dargelegt werden. Das LG Arnsberg (v. 6.7.2022 – 3 Ns-360 Js 24/21-73/22) konnte deshalb in nur wenigen Worten eine Berufung als unzulässig verwerfen.

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§ 130d ZPO: Wie lange ist eigentlich „vorübergehend“?

Die Störung der Telefon- und Internetverbindung des Unterzeichners ist von der Deutschen Telekom bisher nicht beseitigt worden; ein Bautrupp hat sich für den 30. März 2022 angesagt, so dass hier lediglich ein Faxgerät von Dritten zur Verfügung steht. Dies wird anwaltlich versichert.„, war der Vortrag eines Rechtsanwalts in einem Verfahren vor dem OVG Münster (v. 6.7.2022 – 16 B 413/22). Insgesamt kam der Rechtsanwalt damit auf eine „vorübergehende“ Störung von über fünf Wochen. Fraglich ist, ob ihn dies zur Ersatzeinreichung gem. § 130d S. 3, 4 ZPO (= § 55d S. 3, 4 VwGO) berechtigt.

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Neue Version 4 des XJustiz Aktenviewers

Soeben haben wir eine neue Version des Aktenviewers fertiggestellt. Diese enthält folgende neue Funktionen:

  • Unterstützung der XJustiz-Version 3.3.1
  • Es können nicht nur Akten, sondern auch „normale“ Schriftsatzübersendungen angezeigt werden
  • Unterstützung diverser Textformate wie docx, html oder txt
  • Unterstützung diverser Grafikformate wie jpg, tiff oder bmp
  • Unterstützung von Excel Formaten.

Die Übersendung des Viewers erfolgte immer mit der Bitte (als kleines Dankeschön für die vielen Vorteile des Programms) eine Spende an den Deutschen Kinderschutzbund Pforzheim Enzkreis zu leisten. Diesem Wunsch sind aber leider weniger als 2% der Empfänger des Downloads bisher nachgekommen.

Wir haben uns daher entschlossen, nur noch denjenigen das Update bzw. das Programm zur Verfügung zu stellen die bisher eine Spende geleistet haben oder durch anwaltliche Versicherung erklären in den nächsten Tagen eine Spende zu leisten. Alle weiteren Updates werden dann ohne Auflagen/Kosten zur Verfügung gestellt.

Falls Sie also eine neue Version unter diesen Bedingungen haben möchten, senden Sie uns einfach eine Mail an info@ervjustiz.de.

Wir unterstützen den Deutschen Kinderschutzbund Pforzheim Enzkreis

Wie viele von Ihnen wissen, unterstützen wir unter anderem mit der Bitte um Spenden bei der Übersendung des XJustiz Viewers die Arbeit des Kinderschutzbundes Pforzheim-Enzkreis.
Dieser hat nun zur Unterstützung von Familien, die von den aktuellen Krisen besonders betroffen sind, eine Aktion gestartet die wir Ihnen hiermit gerne vorstellen möchten:

Allen einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen kommt ab September eine Energiepauschale von einmalig 300 Euro brutto zugute. Grund sind die hohen Preise für Strom, Gas und Öl. Die Pauschale ist von der Bundesregierung gut gemeint. Tatsache ist jedoch, dass sie auch an Steuerzahler ausbezahlt wird, die gar nicht darauf angewiesen sind. „Wir unterstützen den Deutschen Kinderschutzbund Pforzheim Enzkreis“ weiterlesen

VG Halle: Kein formwirksames Weiterreichen von beA-Irrläufern

Die Klageschrift war an das Verwaltungsgericht adressiert, per beA abgesandt wurde sie aber an das Amtsgericht. Was genau geschah, bleibt im knappen Tatbestand unklar. Möglicherweise wurde auf § 55a Abs. 3 2. Var. VwGO (= § 130a Abs. 3 2. Var. ZPO) für die Versendung zurückgegriffen, dass nicht auf eine qualifizierte elektronische Signatur, sondern der Rechtsanwalt übersandte den Schriftsatz selbst mit einfacher Signatur aus seinem beA. Evtl. war aber auch eine vorhandene qeS nicht vom Amtsgericht an das VG weitergeleitet worden. Jedenfalls meint das VG Halle (v. 15.11.2021 – 5 A 235/21) durch den Eingang beim Amtsgericht sei der sichere Übermittlungsweg „unterbrochen“ gewesen und daher die Authentizität nicht mehr sicher prüfbar.

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Viel Grundsätzliches zum ERV vom BAG

Mit Beschluss vom 25. April 2022 – 3 AZB 2/22 hat das BAG gleich mehrere grundsätzliche Formfragen im elektronischen Rechtsverkehr beantwortet und sich im Vergleich zu früheren Entscheidungen überraschende milde positioniert. Insbesondere enthält der Beschluss Hinweise zu den Anforderungen durchsuchbarer und kopierbarer Dokumente, sowie eingebetteten Schriftarten. Ferner äußert sich das BAG zur Wirksamkeit der ERVB und zu den Fristen des § 130a Abs. 6 ZPO.

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OVG NRW: beBPo nur für eigene Mitarbeitende

Bei Nutzung des besonderen elektronischen Behördenpostfachs (beBPo) kann in der Kommunikation mit der Justiz auf eine qualifizierte elektronische Signatur verzichtet werden. Es genügt dann die einfache Signatur. Anders als beim beA (oder anderen personenbezogenen sicheren Übermittlungswegen) ist es auch nicht erforderlich, dass gerade „die verantwortende Person“, also diejenige, die den Schriftsatz einfach signiert hat, den Versendevorgang vornimmt. Zumindest muss aber die verantwortende Person Mitarbeiter:in der Behörde sein, deren beBPo genutzt wird (OVG NRW v. 27.04.2022 – 19 B 2003/21).

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Aktive Nutzungspflicht gilt für alle Rechtsanwälte – auch bei Mehrfachzulassungen

Seit dem 1.1.2022 gilt für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte die aktive Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs im Prozessrecht. Dies regelt für den Bereich der Zivilprozessordnung § 130d ZPO. Im Wesentlichen wortgleiche Regelungen enthalten sämtliche Prozessordnungen. Der sachliche Anwendungsbereich ist umfassend (siehe hier). Hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs ist derzeit noch umstritten, ob alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte kraft ihrer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft aktiv nutzungspflichtig sind oder, ob sie sich auch „einen anderen Hut“ aufsetzen können; ein Meinungsstreit besteht bspw. für Syndikusrechtsanwälte. Dazu, ob auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die auch Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater sind, aktiv nutzungspflichtig sind, hat sich nun das FG Berlin-Brandenburg geäußert (Beschluss v. 8.3.2022 – 8 V 8020/22 – kostenpflichtig bei Juris).

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