BayObLG: Einfache Signatur und qeS dürfen nicht auseinanderfallen

Hinsichtlich der elektronischen Übermittlungswege differenziert das Gesetz in § 32a Abs. 3 StPO (= § 130a Abs. 3 ZPO) seit dem 1.1.2018 zwischen „sicheren Übermittlungswegen“ und anderen zugelassenen elektronischen Übermittlungswegen mit Auswirkungen darauf, ob eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich ist oder eine so genannte einfache Signatur ausreicht. „Sichere Übermittlungswege“ sind solche, die aufgrund technischer Verfahren die Feststellung der Identität des Absenders und damit die Authentizität der Nachricht absichern. Eigentlich also zwei unterschiedliche Formvorschriften, die nebeneinander stehen. Das BayObLG (v. 19.01.2023 – 207 StRR 2/23) ist hier aber anderer Meinung; es verlangt jedenfalls, dass eine einfache Signatur und eine gleichzeitig angebrachte qualifizierte elektronische Signatur übereinstimmen müssen.

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OVG Lüneburg: Einfache Signatur ist nicht verzichtbar

Der elektronische Rechtsverkehr mit der Justiz lässt die Schriftformwahrung in zwei Varianten zu: Entweder durch Anbringung einer qualifizierten elektronischen Signatur oder durch Nutzung eines sicheren Übermittlungswegs und Zeichnung durch einfache Signatur. Letztere ist grundsätzlich nicht verzichtbar. Darauf weist das OVG Lüneburg (v. 31. Januar 2023 – 13 ME 23/23 – kostenpflichtig bei Juris) hin.

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BGH vs. BAG: ERV-Einreichung in Word möglich?

In einem Urteil vom 4. September 2020 – 1 S 29/20 hat das LG Mannheim großzügig auch die Einreichung einer .docx – Datei, anstelle der eigentlich von § 2 Abs. 1 ERVV geforderten PDF, akzeptiert. Diese Entscheidung blieb ein Einzelfall. Insbesondere das BAG dominierte die Rechtsprechung zu Formfragen seitdem und forderte jedenfalls das Dateiformat PDF stets (BAG, Urteil vom 25.8.2022 – 6 AZR 499/21), nur in anderen Formfragen zeigte sich auch das BAG flexibel und folgte insoweit dem OLG Koblenz. Überraschend hat nun der BGH mit Beschluss vom 19.10.2022 – 1 StR 262/22 – entschieden und folgt dem LG Mannheim.

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Keine qeS macht den ERV nicht technisch unmöglich

Die Rechtsprechung muss sich immer häufiger mit Fragen bei Problemen mit der aktiven Nutzungspflicht beschäftigen. Insbesondere die Voraussetzungen der Ersatzeinreichung stehen dann im Streit. Das OLG Düsseldorf (v. 23.03.2022 – 12 U 61/21) hatte sich zu einem Fall zu äußern, bei dem einer Rechtsanwältin die Signaturkarte gestohlen worden war. Eine Möglichkeit der Ersatzeinreichung sieht das OLG in diesem Fall nicht – zu Recht!

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Checklisten zum elektronischen Rechtsverkehr – 4. Aufl. – verfügbar

Die Checklisten zum elektronischen Rechtsverkehr fassen die wesentlichen Informationen zu Form- und Fristfragen zusammen und bieten einen übersichtlichen, strukturierten Überblick mit zahlreichen Grafiken und Schaubildern. Die beliebte Ergänzung zum eJustice-Praxishandbuch sind nun auch wieder in der aktualisierten 4. Auflage (Stand: 5.11.2022) verfügbar.

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BGH zum Zeitpunkt des Zugangs elektronischer Nachrichten – Update 17.3.2024

Der Zugang elektronischer Nachrichten richtet sich zunächst nach den allgemeinen Zugangsvoraussetzungen „unter Abwesenden“, geregelt in § 130 Abs. 1 BGB. Entscheidend ist also, dass sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Der BGH hat diesen Zeitpunkt nun für eine geschäftliche E-Mail näher eingekreist (BGH v. 6.10.2022 – VII ZR 895/21).

Update (17.3.2024): Das OLG Hamm (v. 22.2.2024 – 22 U 29/23) hat sich auch für das beA dieser Auffassung angeschlossen. Insbesondere kommt es beim beA nicht auf die Benachrichtigungs – E-Mail an, sondern auf dem Intermediär (und damit auf die automatisierte Eingangsbestätigung gem. § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO).

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Aktive Nutzungspflicht für Steuerberater ab 1.1.2023

Die gesetzliche Einführung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt) erfolgte durch das am 7. Juli 2021 verkündete „Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften“. Das beSt wird darin durch eine Änderung des Steuerberatungsgesetzes geschaffen. Ab 1.1.2023 beginnt die aktive Nutzungspflicht des beSt in den Fachgerichten.

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OLG Schleswig-Holstein: Mal wieder Postausgangskontrolle

Welche Pflichten treffen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in der Postausgangskontrolle im Hinblick auf den elektronischen Rechtsverkehr. Die Leitplanken hat bereits der BGH vorgegeben. Ein paar neue Details gibt es nun vom OLG Schleswig-Holstein (Beschluss v. 13.10.2022 – 7 U 160/22).

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Zwangsvollstreckungsverfahren nach dem Justizbeitreibungsgesetz: Anlaufschwierigkeiten und eine Gesetzeslücke (?) im elektronischen Rechtsverkehr

Ein Gastbeitrag von OStA Matthias Kegel, Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg. *** Update am 20.06.2023 ***

Weitgehend unbemerkt und abseits der juristischen und praktischen Probleme des ERV in den Prozessordnungen stottert der elektronische Rechtsverkehr seit dem 1. Januar 2022 im Zwangsvollstreckungsverfahren nach dem Justizbeitreibungsgesetz (JBeitrG). Staatsanwaltschaften (§ 459 StPO), Gerichte, Gerichtskassen, weitere Justizbehörden und andere Behörden treiben Forderungen wie Geldstrafen, Geldbußen, Kosten, Ordnungs- und Zwangsgelder und weitere Ansprüche nach den Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes ein. Hierzu erteilen sie den Gerichtsvollziehern gemäß §§ 6 (hier wird der Gerichtsvollzieher in Amtshilfe tätig) und 7 JBeitrG Vollstreckungsaufträge, die den vollstreckbaren Schuldtitel ersetzen.

Mit Beschluss vom 6. April 2023 – I ZB 84/22 – ist der BGH der hier vertretenen Auffassung beigetreten (Pressemitteilung, Entscheidung im Volltext).

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Ersatzeinreichung – Vorübergehende Unmöglichkeit ist darzulegen

Die Ersatzeinreichungsmöglichkeit bei vorübergehender Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung gem. § 130d ZPO erlaubt ausnahmsweise die Übersendung eines Schriftsatzes per Telefax, Briefpost oder Boten – trotz aktiver Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs. Damit das Gericht dies akzeptiert, ist es aber erforderlich, dass die tatsächlichen Umstände jedenfalls dargelegt werden. Das LG Arnsberg (v. 6.7.2022 – 3 Ns-360 Js 24/21-73/22) konnte deshalb in nur wenigen Worten eine Berufung als unzulässig verwerfen.

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